Dienstag, 1. November 2016

MotoVlogger und andere Sorgen Teil 3/3


Die Verantwortung eines Motovloggers


Zuschauer und ihre Idole


Auf Youtube findet man so ziemlich alles, was es an Absurditäten gibt. Die "Prank-Welle" gipfelt darin, dass sich ein Kind, mit der Absicht seine Eltern zu veräppeln, selbst erhängt und zu Tode gekommen ist.
Dieses Beispiel verdeutlicht auf tragische Weise, welche Bedeutung Youtube bei der jüngeren Generation einnimmt und welches Alter eine überwiegende Mehrheit der Zuschauer auf Youtube hat. 


Verklärte Sicht auf Alpis Unfall: "Es gibt keinen Schuldigen!"
Viele erfolgreiche MotoVlogs richten sich an ein junges Publikum, unter denen es viele Fahranfänger und solche, die es werden wollen, hat. Was diese Vlogger von sich geben, wird für bare Münze genommen. Alpi (Alpi fährt) wurde gar zum Idol für viele Jugendliche. Er hatte als erfolgreichster MotoVlogger Deutschlands eine Vorbildfunktion. Und was hat er daraus gemacht? Er hat diese komplett missachtet. 
 
Der Unfall von Alpi und die anschliessenden Kommentare unter div. Videos, die sich damit befasst haben - ich habe im MotoVlog Folge 010 darüber berichtet - zeigt uns, wie es um die Beurteilung von fahrlässigem Verhalten bei den jungen Zuschauer bestellt ist. Das sollte jedem halbswegs intelligenten Menschen zu denken geben. Vor allem sollte uns das erhängte Kind und die Reaktion auf Alpis Unfall, um nur diese zwei Beispiele zu nennen, aber eins vor Augen führen: Wir haben eine ungeheure Verantwortung zu tragen, wenn wir uns beim Motorradfahren filmen und dieses Material anschliessend der Welt und eben auch solchen Zuschauern zeigen. 


Klicks und Abonnementen

 

Nun eifert aber jeder einer steigenden Abonnementenzahl und Klicks hinterher. Ein Wiederspruch zur Vernunft, denn wer auf einer Platform, auf die stündlich Videomaterial für ein ganzes Leben hochgeladen wird, auffallen will, schafft das kaum, indem er sich immer an die Strassenverkehrsordnung hält. So dauerte es auch nicht lange, bis ich auf einen neuen MotoVlogger aufmerksam geworden bin, der in die gleiche Kerbe wie Alpi schlägt und dies auch gleich in seinem allerersten Vlog eingesteht.
Mit Tipps für mehr Klicks selbst mehr Klicks bekommen.

Solche Selbstdarstellungen, sei es nun um Klicks und Abonnementen zu gewinnen oder einfach nur, weil man gerne kopflos mit überhöter Geschwindigkeit durch Wohngebiete brettert und sich dabei filmt, schaden nicht nur dem Ruf der Motorradfahrer, sie haben auch Konsequenzen  für uns alle, die wir der Leidenschaft auf zwei Rädern nachgehen. Nach Alpis Unfall wurden Befürchtungen geäussert, dass es deswegen bald  verboten sein wird, mit einer Kamera am Helm aufs Motorrad zu steigen. Eine Befürchtung, die gar nicht so abwegig ist. Die Medien bauschen oft und gerne einen einzelnen Idioten und seine Handlungen auf und werfen alle in einen Topf. Über Tage oder gar Wochen kann man die wildesten Berichte lesen und es findet sich auch immer ein Politiker, der sich dazu berufen fühlt, mit neuen Gesetzesentwürfen dagegen vorzugehen, um sich zu profilieren.

Ein paar wenige Idioten können es also schaffen, das unser aller Freiheit beschnitten wird. Um so wichtiger ist es, dass man als Motovlogger Stellung bezieht und wo immer möglich ein anderes Bild zeigt. Auch ein vehementes und wiederholtes zur Rede stellen auf den jeweiligen Kanälen solcher Suizidbomber scheint nötig, denn viele begreifen nicht, dass sie trotz selbst gepriesenem Fahrkönnen und Aufmerksamkeit die physikalischen Gesetze nicht ändern können. Der Bremsweg wird nun mal um ein Vielfaches länger, wenn man mit 100 statt 50km/h fährt, egal ob man glaubt, sein Motorrad besser als andere zu beherrschen. Wobei an dieser Stelle noch anzumerken ist, dass kaum einer dieser selbsternannten Multitalente wirklich gut Motorrad fahren kann. 


Aus Alpis Unfall kann man aber vor allem eines lernen und das sollte jedem zukünftigen Quartierbeschleunigungsspassten eine Warnung sein: All die Abonnementen, die Fanboys und Girls und all die Views nützen ihm kein bisschen in seiner jetztigen Situation. Klicks, Kommentare und Likes sind, wenn die Kacke am dampfen ist, wertlos in der realen Welt. Da kann ein Fanboy noch so weinen, das kümmert die Justiz einen Dreck. Und selbst wenn sie davon Notiz nehmen sollte, so wirken solche Äusserungen unter den Videos eher belastend.  




Auf den zweiten Blick

 

Es gibt aber auch weniger drastische Beispiele, in denen Motovlogger fahrlässig mit ihren Zuschauern umgehen. Oft äussert sich das bei Folgen, in denen junge Piloten ihr bisher angesammeltes Wissen weitergeben wollen. Die Absicht dahinter mag gut sein, die möglichen Konsequenzen jedoch unabsehbar. Nicht selten handelt es sich um Halbwissen oder auch nur um ein völlig falsche Schlussfolgerung, weil ihnen die Erfahrung fehlt. 

Ein Beispiel ist ein noch sehr junger Motovlogger, welcher Einsteigertipps gibt. In diesen preist er die einzig richtige Art zu bremsen an und als ob diese Aussage nicht genug wäre, wirft er den erfahrenden Motorradfahrern, welche schon Jahrzehnte länger als er auf den Strassen unterwegs sind, eine falsche Handhabung der Bremse vor. Derart überzeugt von seinem eigenen Tipp, verlangt er, ich zitiere "in jedem Fall, unter allen Umständen" mit nur zwei Fingern zu bremsen.

Zweifelhafte Tipps eines jungen Motovloggers.
Dass zwei Finger auf der Bremse in manchen Situationen nützlich sind, will ich gar nicht abstreiten. Ich selbst handhabe es so, wenn ich auf Kurvenhatz bin. Allerdings fahre ich schon länger und kenne mein Motorrad.. Für Fahranfänger kann diese Handhabung jedoch lebensgefährlich werden, da sie abhängig vom Alter des Motorrads, der verbauten Bremsanlage und der Anatomie des Fahrers ist. Im schlimmsten Fall kann der Fahrer in einer Notsituation nicht die volle Bremsleistung erzielen weil er sich die anderen Finger einklemmt oder er nur mit allen vieren ausreichend Kraft aufbringen kann, weil die Bremsanlage schon in die Jahre gekommen ist. Ein Hinweis zu diesem Detail und die Bitte, diese wichtige Information nachzureichen, wurde in den Kommentaren mehrmals gelöscht. Es scheint, als ob die Gesundheit der Zuschauer zweitrangig und Kritik nicht erlaubt ist.

Ich kann nur an alle Motovlogger, ob jung oder alt, appelieren: Seid euch eurer Verantwortung bewusst. Denkt an die vielen jungen Zuschauer, die jedes Wort von euch für bare Münze nehmen. Für manche seid ihr ein Idol. Also macht keinen Scheiss und wenn doch, dann lasst wenigstens keine Kamera laufen um es dann der Welt zu zeigen. Wir, die grosse Mehrheit der Motorradfahrer
die mit Verstand unterwegs ist und alle die, die es werden wollen , danken es euch. 
 


▸Der Blog um den Vlog geht nach dieser dreiteiligen Serie weiter. Ich gewähre einen Einblick hinter die Kulissen meines Vlogs, biete einen Leitfaden für angehende MotoVlogger und schreibe über den täglichen Wahnsinn, den man als Motorradfahrer erlebt. Diese und weitere Themen gibt es ab sofort wöchentlich auf tenereontour.ch.

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1 Kommentar:

  1. Sehr guter Beitrag und du sprichst mir aus der Seele!!!
    Ich hoffe nur, dass wenigstens ein paar derer, die sich angesprochen fühlen sollten, hier wenigstens mitlesen und ggf. wieder über ihr eigenes Tun nachdenken...
    Gruß Edgar

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